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Tutzing Berührender Schlussakkord - Finale der Brahmstage mit dem Henschel Quartett
Diesen vollkommenen Frieden, den Beethoven seiner Cavatine im Streichquartett op. 130 einhauchte, hätte man gerne in aller Stille mit auf den Weg genommen. Hier war das Henschel Quartett in seinem Element - gänzlich der Gesamtwirkung hingegeben. Die Musiker nach dieser großartigen Zugabe ohne stürmischen Beifall zu entlassen, wäre nicht fair gewesen. Das ausverkaufte Schlusskonzert setzte dem Unternehmen (Tutzinger Brahmstage) zweifelsohne die Krone auf… Die "Italienische Serenade" G-Dur von Hugo Wolf bot dafür großartiges Material. Das Henschel Quartett zeigte sich spielfreudig, griff sogleich in den Farbkasten und ließ den Emotionen freien Lauf. …mit Ottorino Respighi und seinem lyrischen Poemetto "Il Tramonto". Die Gesangsstimme, die Mezzosopranistin Susanne Kelling mit maßvoller emotionaler Gestik von der liebestrunkenen Glückseligkeit in die Dramatik des Todes führte und der Hoffnungslosigkeit, ist kein exponierter solistischer Part. Sie ist vielmehr die fünfte Stimme im Ensemble. …Die resultierende Klangpracht hatte schon etwas Barockes an sich. Das versöhnliche, zarte Finale wirkte um so sanftmütiger und friedvoller. Brahms in dieser Manier anzugehen, wäre nicht der richtige Zugriff gewesen, abgesehen von der Klangfülle, die das Henschel Quartett bis in die weiten Rücknahmen beizubehalten vermochte. Die Farben changierten entsprechend stets warm temperiert. Und die unterschwellige Ruhelosigkeit des Werkes ließ bis zum letzten Ton nicht nach, selbst in der gebetsmäßigen Offenbarung des Andantes nicht. Die Leichtigkeit von Wolf und Respighi war ergreifendem Ernst gewichen. Das seelentiefe Wogen der Gefühle und die Leidenschaft des Werkes brachte das Ensemble geradezu zum Glühen, besonders im Schlusssatz, der sich zu symphonischen Größe emporschwang. Ein eindrucksvolleres Finale hätte man sich nicht wünschen können.
Süddeutsche Zeitung Starnberg 30. Oktober 2015 Reinhard Palmer